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Fernreisen Speisen in Peru

60 Millionen Meerschweinchen für den Kochtopf

Vergessen Sie argentinisches Steak, chilenischen Wein oder mexikanischen Tequila! Denn der neue Star heißt Peru – ein Land mit atemberaubender Ressourcenvielfalt und Freude am Experimentieren.
Sich in der Ecke zu verstecken, wird den Meerschweinchen nichts nutzen, denn in Peru sind die Kleintiere fester Bestandteil der traditionellen Küche Sich in der Ecke zu verstecken, wird den Meerschweinchen nichts nutzen, denn in Peru sind die Kleintiere fester Bestandteil der traditionellen Küche
Sich in der Ecke zu verstecken, wird den Meerschweinchen nichts nutzen, denn in Peru sind die Kleintiere fester Bestandteil der traditionellen Küche
Quelle: picture alliance / Sandra Gätke

Man kennt diese Messe nur unter ihrem Kürzel Anuga. Dahinter verbirgt sich die „Allgemeine Nahrungs- und Genussmittel-Ausstellung“ – ein verbales Ungetüm. Alle zwei Jahre findet sie in Köln statt als wichtigstes Barometer der internationalen Lebensmittelbranche, die jüngste ist vor Kurzem zu Ende gegangen.

Irgendwann Anfang der 70er-Jahre habe ich sie zum ersten Mal besucht. Für Lateinamerika-Interessierte beherrschten damals die argentinischen Stände das Geschehen: Es war die Zeit, als die Steakhäuser mit gegrilltem Fleisch aus der Pampa ihren Siegeszug durch Europa antraten.

Später kamen dann die brasilianischen „Churrascarias“ hinzu, die längst absatzstärker sind als ihre argentinischen Vorläufer. Ab Mitte der 80er-Jahre eroberten chilenische Rotweine den deutschen Markt.

Stolze Heimat der Kartoffel

Andere südamerikanische Länder gab es damals kaum auf der Anuga. Das hat sich seit einigen Jahren radikal geändert. Und am besten vergisst man alles, was man bisher über die lateinamerikanische Küche zu glauben wusste, also argentinisches Steak, chilenischen Wein oder mexikanischen Tequila.

Denn der neue Star heißt Peru, ein Land mehr als doppelt so groß wie Frankreich und gesegnet mit atemberaubender Ressourcenvielfalt. In den kalten Gewässern des über 2000 Kilometer langen Humboldtstroms vor der Pazifikküste tummeln sich ungezählte Fisch- und Krebsarten – Hummer, Jakobsmuscheln, Tintenfische, Seehechte, Austern.

Auf der östlichen Seite der Anden gibt es im Amazonas-Tiefland Süßwasserfische in Hülle und Fülle. Im Hochland überrascht das Angebot an verschiedensten Mais- und Getreidesorten – und natürlich Kartoffeln. Bekannt sind gut 3000 Arten – gelbe, braune, rote, blaue. Man ist in Peru mächtig stolz darauf, als Heimatland der Kartoffel zu gelten.

Peru gilt schon lange als Geheimtipp

Aber es gibt in Peru noch eine Vielzahl anderer essbarer Pflanzen und Obstsorten, etwa Palmenherzen, Maniok, Bananen zum Kochen und Essen – oder auch die in Europa unbekannteren Arten wie Camu, Cocona, Cupuaçu, Aguaje oder Chirimoya. Aufgeführt ist damit erst ein kleiner Teil des Angebots – die überbordende Natur bietet noch viel mehr.

Das erklärt zum einen, warum die peruanische Küche so ungeheuer vielgestaltig ist, und auf der anderen Seite aber auch, warum sie ihren internationalen Siegeszug erst jetzt antreten kann, in der Ära wachsender Globalisierung und Internationalisierung.

Denn unter Kennern in Lateinamerika galt sie immer schon als Geheimtipp, aber ihren kulinarischen Reichtum konnte man halt früher nur in Peru genießen. Außerdem haben die Peruaner im zurückliegenden Vierteljahrhundert, das für sie wirtschaftlich sehr erfolgreich war, ein gewachsenes Selbstvertrauen in Bezug auf ihre Küche entwickelt.

Wo Peru mit China verschmilzt

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Für Martha Leng Mauricci, Chefköchin auf dem Anuga-Stand der peruanischen Exportfördergesellschaft „PromPerú“, ist das Geheimnis der peruanischen Küche ihr breit gefächertes Angebot, die Varietät der Zutaten und die Fähigkeit, auch die Küche der Einwanderer, so vor allem der Chinesen und Japaner, mit den Spezialitäten aus Peru neu zu gestalten.

„Ich bin Peruanerin mit chinesischen Wurzeln – ich stehe für diese Symbiose“, sagt sie mit selbstbewusstem Charme. In Peru nennt man die überall wie Pilze aus der Erde schießenden peruanisch-chinesischen Restaurants „Chifas“ – besonders beliebt sind sie in der Hauptstadt Lima, einem Schmelztiegel der peruanischen Kochkunst.

Dabei ist klar, dass einige „Klassiker“ der peruanischen Küche weiterhin Bestand haben. So etwa Ceviche, eine Art peruanisches Sushi, das man aus mit Limetten mariniertem, rohem Fisch herstellt, dem rote Ajischoten, hauchdünn geschnittener Sellerie und Koriander beigegeben werden. Oder aber die Fischsuppe Chupe de camarones mit Garnelen, Kartoffeln, Milch und Chili.

Und dann natürlich Pachamanca, ein mehr als einen Tag lang in einer Grube in Bananenblättern gegartes Schwein mit Süßkartoffeln. Eine der wichtigsten Zutaten für die meisten Speisen ist Aji, eine Mischung aus Paprika und Peperoni, deren Stärke sehr variieren kann.

Millionen Meerschweinchen landen im Topf

Gleichzeitig feiert Quinoa neue Triumphe, ein traditionelles Grundnahrungsmittel aus der Inkazeit, auch Andenreis genannt. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon erklärte 2013 sogar zum „Jahr der Quinoa“.

Die mineralstoffreichen Blätter werden als Gemüse oder Salat verzehrt. Die senfkorngroßen Samen haben eine getreideähnliche Zusammensetzung und eignen sich vor allem als Gluten-freies Ersatzgetreide. Dies ist besonders attraktiv für den weltweit rasch wachsenden Kreis der an Gluten-Unverträglichkeit leidenden Menschen.

Meerschweinchen stehen überall in den Anden auf den Speiseplänen. Vor allem in Peru sind die Kleintiere längst ein fester Bestandteil der traditionellen Küche. In Quechua nennt man sie Quwi, woraus sich das Wort Cuy für sie entwickelt hat.

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Die gebräuchlichste Form des Verzehrs ist das gebratene Meerschweinchen, also Cuy chactado. Der Geschmack des Fleisches ist nicht penetrant, sondern eher neutral und erinnert uns Europäer wohl am ehesten an Kaninchen.

Mir jedenfalls hat es geschmeckt, als ich es das erste Mal in Cusco, der alten Inka-Hauptstadt, in einem traditionellen Lokal vorgesetzt bekam. Übrigens wandern mehr als 60 Millionen dieser Kleintiere Jahr für Jahr in peruanische Kochtöpfe. Besonders beliebt sind sie bei Hochzeitsessen auf dem Lande: Der Verzehr soll dem neuen Paar Glück bringen.

Aber das Meerschweinchenfleisch findet immer häufiger auch Eingang in neue, anspruchsvollere Gerichte. Für Martha Leng Mauricci ist genau das das Geheimnis des peruanischen Erfolges: „Wir sind Weltmeister beim Experimentieren – dadurch kreieren wir die spannendsten Menus ganz Lateinamerikas.“

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